Besuch von einem Wolf

September 2014

Ich bin nun schon ca. ein Monat in Kanada. Die meiste Zeit verbrachte ich auf der kleinen Insel Quadra Island, die zwischen Vancouver Island und dem Festland von British Columbia liegt. Von Anfang an träume ich davon, ein paar Tage alleine in den Wäldern zu verbringen. Ich schaue mir auf Google Maps die Insel etwas genauer an und entdecke im Norden der Insel unberührte Gegenden, welche frei von Straßen, Häusern und Zivilisation sind. Sofort war mir klar, dass ich dort hin will. Einige Tage später packe ich meine Sachen. Großer Rucksack, Schlafsack, Müsliriegeln in rauen Mengen, Messer, Bärenspray, mein kleines Notizbuch, Kamera,...

Newton Lake on Quadra Island

Auf dem Bild ist der See zu sehen an dem ich geschlafen habe.



Da meine Freunde, bei denen ich wohnte, zum Fischen fuhren, und ihr Boot nicht weit von der Stelle lag, von der ich losgehen wollte, fuhren sie mich bis dort hin. Die Mutter meiner Freunde sagte noch als sie mich aussteigen ließ, dass sie froh sei, dass ich nicht ihr Sohn sei, weil sonst würde sie vor Angst um mich in den nächsten Tagen kein Auge zu machen können. Ich sah das alles nicht so tragisch, bedankte mich fürs Fahren, umarmte sie und ging mit großer Vorfreude los.

Die Natur in dieser Gegend ist atemberaubend. Die Bäume sind massiv und hoch. Das Moos am Boden ist 5-10 cm dick, weich und wunderschön grün. Die Beerensträucher sind voll mit Beeren und einige Pflanzen haben zum Teil unglaublich große Blätter, wie ich sie zuvor noch nie gesehen habe.

Nach einigen Stunden Wandern komme ich zu einem dichten Waldstück, wo der Weg, dem ich bislang gefolgt bin, endete, sodass ich ab jetzt einfach querfeldein ging. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich jedoch überhaupt nicht danach, weiter in Richtung Norden zu gehen, außerdem taten meine Füße schon ziemlich weh. Wahrscheinlich, weil ich meine Wanderschuhe davor längere Zeit nicht getragen hatte. Ich entschied mich meinen Weg zu ändern und zurück zu einem See zu gehen, den ich zuvor auf dem Weg bis hierhin entdeckt hatte. Am See angekommen gehe ich dem Ufer entlang, bis ich bei einem großen Felsen ankam, der direkt am Wasser lag. Ich kletterte den etwa 20 bis 30 Meter hohen Felsen hoch und genoss die wunderbare Aussicht über den See und in die Berge, die man von ganz oben hatte.

Da es schon spät am Nachmittag war, entschied ich mich die Nacht dort zu verbringen. Das Besondere an dem Felsen war, dass er hauptsächlich durch Rundungen geformt war und kaum Ecken oder Spitzen hatte, was mir die Platzwahl für meinen Schlafplatz vereinfachte. Nachdem ich mir meinen Schlafplatz eingerichtet hatte, war es circa eine Stunde vor Sonnenuntergang. Ich genoss noch eine Weile die Ruhe und Einsamkeit und ging schwimmen. Ganz alleine, in einem See irgendwo im Nirgendwo, in den wilden Wäldern Kanadas - herrlich!
Das Wasser war glasklar und erfrischend kühl. Draußen war es noch so warm, dass ich mich gar nicht abtrocknen brauchte, sondern einfach wartete bis ich trocken war.

Zu Sonnenuntergang kroch ich in meinen Schlagsack und machte es mir bequem. Ich beobachtete wie langsam die Sterne rauskamen, die Sonne hinter dem Horizont verschwand, die Vögel leiser wurden und der Mond aufging. Stark von der puren Natur beeindruckt liege ich wunschlos glücklich auf einer Ebene des Felsens als plötzlich etwa 200 Meter rechts von mir ein Wolf zweimal laut heult.

Mit weit aufgerissenen Augen liege ich starr im Schlafsack und überlege, was ich machen soll. Nach Hause gehen? - Ganz schlecht! Jetzt, wo es schon fast dunkel war, im Wald herumzulaufen wäre wohl die dümmste Idee, dachte ich mir. So nahm ich mein Messer und den Bärenspray mit in den Schlafsack und blieb, wo ich war. Ich sendete dem Wolf gedanklich positive Energie, Liebe und versuchte ihm über eine Gedankenebene zu vermitteln, dass ich mit guten Absichten hier sei und ihm nichts Böses mochte.
Nachdem sich mein Puls wieder beruhigt hatte, schlafe ich etwa eine Stunde später ein.

Ein paar Tage bevor ich mich auf diese Wanderung gemacht hatte, besuchten wir einen Freund, der als Trapper und als bear-watching-guide sein Geld verdiente. Er hat uns immer wieder geraten, dass wenn wir im „Land of Great Bear“ bzw. im Grizzlybärengebiet unterwegs sind, uns immer laut unterhalten müssten und wenn wir nichts zu sagen hätten, sollten wir vor uns hin singen. Das Schlechteste, das man nämlich machen könne, wäre einen Grizzlybären, speziell, wenn sie Junge haben, zu überraschen. Da diese sich sonst angegriffen fühlen könnten. So sang Trapper immer, wenn wir nichts sagten, laut vor sich hin, „Hey bear I love you...!!“

In dieser Nacht am See hatte ich meinen ersten Klartraum. Ich träumte, dass ich aufgewacht bin, mich total müde fühlte und als ich mich aufsetzte, um mich umzusehen, entdecke ich einen großen, grauweißen Wolf vor mir. Er ging ca. 5 Meter von meinem Platz entfernt hin und her, bleibt kurz stehen und sah mich an. Sein Ausdruck war allerdings überhaupt nicht aggressiv oder angsteinflößend, sondern vermittelte mir das Gefühl, als wäre er nur neugierig und würde nachschauen wollen, ob alles gut sei. Ich sah ihn an und mir fiel nichts anderes ein als leise, „Hey wolf, I love you!“, zu rufen. Kurz darauf verschwand er wieder im Wald und ich fiel wieder in einen tiefen Schlaf.

Zu Sonnenaufgang wachte ich durch das genau gleich klingende Wolfsgeheul wie zu Sonnenuntergang auf. Diesmal heulte der Wolf aber nur einmal und von der anderen Seite des Sees, was viel näher war. Sofort setzte ich mich auf, kroch aus dem Schlafsack und ging näher zum Abgrund des Felsens, um mir eine bessere Sicht zu verschaffen, da ich hoffte ihn von dort aus sehen zu können. Das Wolfsgeheul kam von so nahe, dass es nicht mehr als 100 oder 150 Meter sein konnten. Die Tatsache, dass ich den Wolf zu Sonnenuntergang von der rechten Seite des Sees hörte, er mich nachts im Traum besuchte, und mich zu Sonnenaufgang, mit einem Heuler von der linken Seite des Sees aufweckte, verlieh mir das Gefühl, dass er tatsächlich nachts bei mir vorbeikam. Gänsehaut rauscht meinem Körper auf und ab, mir wird abwechselnd warm und kalt und ich bin von den zusammenhängenden Erlebnissen mehr als überwältigt.

Nachdem ich das Erlebnis in mein Notizbuch geschrieben hatte, machte ich mich auf den Heimweg. Als ich nach ein paar Stunden an einer Schotterstraße ankam, hatte ich das Glück bald von jemandem mit einem Pickup-Truck mitgenommen zu werden. Die Frau, die mich mitnahm, war halb Native American bzw. halb Indianerin. Sie fragte mich, ob ich die Nacht im Wald verbracht hätte, worauf ich ihr voller Aufregung die ganze Geschichte erzählte. Zu meiner Verblüffung fügte sie nur wenig beeindruckt hinzu, dass es leicht möglich sei, dass mich im Schlaf ein Wolf beschnüffelt hatte und ich ihn, durch seine starke Aura, im Traum wahrnahm. “Beautiful experience.”, sagte sie am Ende nur.


Als ich 2 Tage nach meiner mystischen Begegnung, mir in einem Kaffeehaus, wo ein Künstler ausstellte, ein Amulett kaufte, traf ich kurz darauf am Parkplatz einen Freund. Wir tratschten kurz und zeigte ihm, was ich mir gekauft hatte. Er war von dem Amulett, welches auf einer Münze einen Indianer abbildete, sehr begeistert und sagt: „Ich habe mir vor 2 Tagen in einem Indianerreservat auch ein Amulett gekauft, schau!“ Es war ein Amulett mit einer kleinen Holzscheibe, auf der etwas eingeschnitzt war. Da ich nicht gleich erkennen konnte, was es war, fragte ich, was die Schnitzerei genau abbilde, worauf er antwortete: „Einen Wolf, der zum Mond heult.“ Mit dem Gefühl, als würde mich der Wolf auf einer anderen Ebene noch immer begleiten, stehe ich völlig sprachlos vor ihm. Gänsehaut rauscht mir wieder über den Körper, mir wird wechselweise warm und kalt, dann muss ich lachen und eine Träne läuft mir übers Gesicht. Da uns jeweils das Amulett des Anderen besser gefiel, tauschten wir. Als er mir die kleine dazugehörige Schachtel gab, fand ich darin einen Zettel, auf dem die Bedeutung, die der Wolf für die dort lebenden Indianer hat, steht.
„The Protector - Wolfs are the guardians of their families. They embody unconditional support and togetherness.”

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Mentale Stärke & die Magie der Manifestation